Die SPD im Hillesheimer Land spricht sich gegen die Neuauflage einer Großen Koalition aus!  

In der am vergangenen Freitag stattgefundenen erweiterten Vorstandssitzung haben sich die Vorstandsmitglieder der SPD im Hillesheimer Land gegen eine Neuauflage einer Großen Koalition (GroKo) ausgesprochen.

Sehr kritisch wurde die Äußerung von Parteivorsitzenden Martin Schulz bewertet, der der Auffassung ist, die SPD habe in den Sondierungen mit der Union „hervorragende Ergebnisse“ erzielt.

Na ja, Martin Schulz tut jetzt so, als habe die SPD gekämpft wie ein Löwe und tatsächlich das Unmögliche wahrgemacht. Im Englischen haben wir dafür den Begriff des „expectation management“: Alles ist völlig undenkbar und ausgeschlossen, und am Ende geht es dann plötzlich doch und alle klopfen sich auf die Schultern. In der Brüsseler EU-Politik wird fast jede Verhandlung gewohnheitsmäßig so nach außen verkauft.

Die SPD-Sondierer haben ein Papier mit 60 Positionen veröffentlicht, in denen sich die SPD gegen die Union durchgesetzt habe. Reicht das nicht, um uns doch von der großen Koalition zu überzeugen?

Sicher nicht. Dafür gab es schon in der letzten großen Koalition zu viele Dinge, die die SPD eigentlich durchsetzen wollte und die dann doch von der Union verhindert oder zumindest massiv abgewertet worden sind. Die Union ist kein verlässlicher Partner, das hat man nicht nur bei der Glyphosat-Entscheidung gesehen. In der SPD-Anhängerschaft, die sich seit 1998 ja mehr als halbiert hat, hat deshalb kaum noch jemand Verständnis für diese beschönigende Sichtweise der Parteiführung. Da kann sie noch so viel erzählen, was sie in der Regierung alles erreicht hat und wie gut jetzt die Verhandlungen mit der Union gelaufen sind: Auf der Straße gilt die SPD weiter als Umfaller-Partei.

Hat die SPD in den Gesprächen mit der Union nicht trotzdem achtbare Ergebnisse erzielt, etwa die Rückkehr zur paritätischen Krankenversicherung?

Eine Rückkehr zur paritätischen Krankenversicherung wird in der SPD sicher jeder begrüßen. Das Problem ist nur, dass wir das offenbar auch damit erkauft haben, dass der Spitzensteuersatz nicht erhöht wird. Die dringend nötige Vermögenssteuer findet natürlich gar keine Erwähnung. Angesichts der immer größeren Kluft zwischen großem Reichtum und wachsender Armut ist das ein sehr fatales Signal. Deutschland war noch nie so reich. Und Millionen Kinder wachsen in Armut auf. Eine Neuauflage der großen Koalition wird an diesem Missstand sicher nichts ändern – dafür wird die Union sorgen.

Was ist denn die Alternative zur großen Koalition? Eine Minderheitsregierung will Frau Merkel nicht, Neuwahlen könnten am Ende dasselbe Ergebnis bringen – mit einer gestärkten AfD.

Wie Willy Brandt sagte: Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein. Es gibt eine Alternative: Die Minderheitsregierung ist sprichwortmäßig die Sternstunde der parlamentarischen Demokratie. Da kommt Transparenz und Debatte rein, anstelle von Merkelschen Hinterzimmerabsprachen. Auch vor Neuwahlen müsste sich die SPD nicht fürchten. Martin Schulz hat zu Beginn des Bundestagswahlkampfs gezeigt, dass 30 Prozent plus für die SPD durchaus erreichbar sind, wenn sie endlich ihre Ursünden Agenda 2010 und Hartz IV glaubwürdig ablehnt.